Campus-TV

Ein Kommentar zur Erstsendung des oberfränkischen Studentenfernsehens

Es gibt etwas Neues auf TV Oberfranken: Campus-TV. Wer zunächst einmal nicht weiß, was TV Oberfranken ist: Glück gehabt. Wer es aber trotzdem wissen will: man könnte TVO einen regionalen Fernsehsender für Oberfranken nennen, oder einfach eine ABM-Maßnahme für Leute, die beim richtigen Fernsehen keiner haben wollte.

Aber hier soll es jetzt um Campus-TV gehen. Dies ist ein Projekt, realisiert von Studenten der Universität Bayreuth und mit Unterstützung der Universität. Wer es genauer nachlesen will, kann die Website von Campus-TV besuchen. Um der Site eine einzigartige, unverwechselbare Form zu geben, hat man einfach sämtliche Texte in Kleinbuchstaben geschrieben. Für die Lesbarkeit ist das allerdings weniger förderlich.

Konsequent zu Ende gedacht, hätte man statt sinnvoller Wörter gleich wahllose Buchstabenaneinanderreihungen, in Kleinbuchstaben natürlich, auf die Seiten setzen können. Damit würde kein Rest von Inhalt mehr vom tollen Stil (oder "Style") ablenken. Für einen kurzen Moment muß diese Erkenntnis auch den/die Autoren der Seite "das projekt" gepackt haben, als er/sie/es schrieb: "campus-tv - medienprojekt der unvierstität bayreuth"

ModeratorCampus-TV kommt ab jetzt jeden ersten Mittwoch im Monat für eine Viertelstunde zu jedem, der es sich antun will. Ich habe mir die erste Sendung auch tatsächlich angetan! Von der Webseitengestaltung und dem -inhalt her mußte man schon befürchten, daß Campus-TV das normale Niveau von TVO noch unterbieten könnte. So schlimm ist es dann aber nicht gekommen.

Zum Einstieg wurde einmal hinter die Kulissen der Bayreuther Mensa geschaut. Die Idee war eigentlich ganz nett. Das in Form eines "Sendung mit der Maus"-Beitrags darzustellen, war allerdings ein wenig albern, aber gut, albern macht ja nichts.

Weiter geht es mit einem Bericht über die Fakultät für angewandte Naturwissenschaften FAN. Er hat den üblichen Stil, den man schon von TVO kennt: zusammenhanglos aneinandergereihte Bilder mit einem Kommentar, der klingt wie aus einer Werbebroschüre abgelesen. Die Macher konnten sich anscheinend nicht entscheiden, ob sie ihre Beiträge lieber pseudowitzig oder pseudoseriös gestalten sollten.

HühnerDaneben kamen in der Sendung dann so hochinteressante Sachen wie der "Party-Report", bei dem man drei Partyhühner sehen konnte, die jeweils für ein paar Sekunden auf irgendwelchen Parties herumstehen. Was soll das? Anderen Leuten beim Tanzen zuzusehen, ist reichlich uninteressant. Übrigens wurden die Nachnamen der Partymäuschen am Ende des Beitrags nicht eingeblendet. Die wollten anscheinend auch nicht wirklich mit ihrem Report in Verbindung gebracht werden.

ProtestsandalenWeiter geht es mit einem Beitrag über Studentenproteste wegen Kürzung der Hochschuletats (der Sprecher des Off-Textes erfindet gleich mal den neuen Plural "Hochschuletare"). Am Schluß des Beitrags findet sich eine faszinierende Kameraeinstellung, wenn zunächst eine Gruppe protestierender Studenten gezeigt wird, nur mit Pappkartons bekleidet, um dann langsam auf die Sandalen eines dieser Studenten zu zoomen. Dahinter muß einfach ein tiefgründiger Sinn stecken, denn oberflächlich betrachtet sind Sandalen in Großaufnahme hier Schwachsinn.

Beachtenswert ist ja auch, daß trotz der Finanznot dieses eigenartige Medienprojekt von der Unvierstität gefördert wird, auch finanziell (neben anderen Sponsoren), und zwar derart, daß man sich eine umfangreiche Werbekampagne mit Plakaten und Design von Website und Logo von einer "Agentur für neue Medien" leisten konnte.

Master of LoveDie absolute Krönung war dann allerdings der Bereich "single students". Zunächst erklärt Moderator Michael Schneider: "Wie der Name schon sagt, geht es hier um Studenten, die Singles sind" Diese bahnbrechende Erkenntnis hat mein Leben verändert!

Danach stellt der "Master of Love", der selbst als "schwer vermittelbar" einzustufen ist, seinen heutigen Single vor, eine Studentin der Theater- und Medienwissenschaften im ersten Semester, 19 Jahre.

"Da hast Du ja bestimmt auch sehr viel Freizeit", bemerkt der Moderator. Gut zu wissen, wenn man ein Studienfach sucht, in dem man kräftig und oft abfeiern und am nächsten Tag ausschlafen will. Die Initiatoren von Campus-TV studieren vermutlich auch Medienwissenschaft. Mathematikstudenten haben z. B. nicht die Zeit, so merkwürdige Projekte auszubrüten.

Aber zurück zu Connie, so der Name der Single-Frau. Die Frage des Moderators "Wie stellst Du Dir einen schönen, romantischen Abend vor?" beantwortet sie mit "Beispielsweise Last Minute irgendwo in den Süden fliegen, gemeinsam einen schönen Sonnenuntergang genießen." Sie hat außerdem ein interessantes Anspruchsprofil an den gewünschten Partner: "Es wär' super: zwei Augen, 'ne Nase und 'nen Mund, der auch noch viel Ausstrahlung hat und ein paar kluge Worte rauskommen."

Zusammengefaßt heißt das also: Ich nehme jeden mit ein bißchen Geld, der sein Gesicht noch nicht in einen Mixer gehalten hat und mehr als "ey, geiler Hintern" rausbringt. Viel Glück, Connie!

Damit hat man dann die erste Folge von Campus-TV auch schon überstanden, ohne daß bleibende Schäden zurückgeblieben sind.

Selbstverständlich kann man aus dieser Erstsendung noch nicht auf die weitere Entwicklung schließen, allzu große Hoffnungen sollte sich aber auch niemand machen, daß das Projekt in absehbarer Zeit das Geld und den Aufwand wert wäre, den es erfordert hat.

Michael Butscher, 09.12.2003
 

Alle Bilder stammen aus der Sendung von Campus-TV vom 03.12.2003 und unterliegen dem Urheberrecht.
 
 
 
 
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© Michael Butscher, letzte Änderung am 31.01.2004       Datenschutzerklärung